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TV-Sender AUF1: Desinformation als Familybusiness

"Stoppt die Rechten" (Wien) (Gastbeitrag)
Einleitung

Das Geschäftsmodell der 2021 gegründeten österreichischen Desinformationswerkstatt AUF1 ist relativ simpel gestrickt: negative Extreme, ausgelöst durch erfundene Eliten, die das Weltgeschehen steuern, als Gefahr heraufzubeschwören, sich selbst als Opfer und zugleich einzige Rettung zu inszenieren und daran anknüpfend, Spenden zu generieren.

magnet scharfmüller
(Foto: isso.media)

Stefan Magnet (l.), heute Chef des rechten TV-Senders „AUF1“, und Michael Scharfmüller, heute Chef von „Info-Direkt“, im Jahr 2004 als Besucher beim "Pressefest" der NPD-Zeitung "Deutsche Stimme".

Eines der jüngeren Beispiele: Der AUF1-­Macher Stefan Magnet kommentiert den im November vorgelegten Entwurf zur Novellierung des Verbotsgesetzes1 als „erstes Sondergesetz im Windschatten des Israel-Krieges“2 , das darauf abziele „die Aufklärungsbewegung und alternative Medien“ zu treffen. Mit letzteren meint Magnet naturgemäß sich selbst – also AUF1 als potentielles Opfer der Novellierung des Gesetzes. Abgesehen davon, dass die von Magnet quasi als Beweis angeführten Punkte, das Verbot von Symbolen und Zeichen der "Hamas" und der "Identitären", nicht das Verbots-, sondern das Symbolegesetz betreffen und bereits vor mehreren Jahren eingeführt wurden, ist die Überarbeitung des Verbotsgesetztes ein vor fast sieben Jahren erstmals angekündigtes Projekt und ebenfalls im Regierungsprogramm 2020 festgehalten. Einen Entwurf hatte das Justizministerium bereits im Juni 2023, also Monate vor dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel, in Begutachtung geschickt.

Magnet verfährt auch hier nach dem Muster, eine Gefahrensituation inklusive Feindmarkierung zu erfinden („Grüne Zadic will ‚noch effizienter‘ gegen Anders­denkende vorgehen“), sich selbst als Opfer zu stilisieren („Das neu verschärfte Sondergesetz soll die Aufklärungsbewegung treffen und nicht rabiate Judenfeinde aus dem Morgenland!“) und – wie immer – zum Spenden aufzurufen. Der Widerspruch, sich über das Verbot der Hamas-Symbole aufzuregen und gleichzeitig mit dem rassistischen Vorschlaghammer gegen die Palästinenser auszuholen, verträgt sich in der antisemitisch geprägten Weltsicht des Stefan Magnet und dessen Publikum problemlos und fügt sich dergestalt nahtlos in das von Steve Bannon ausgegebene Motto: „Flood the zone with shit!“

„The zone“, das ist der deutschsprachige Raum – hier schwerpunktmäßig schon alleine aufgrund der Marktgröße Deutschland. Der gezielte Schritt nach Deutschland im Herbst 2022 war jedoch nur die Fortsetzung dessen, was sich bereits davor abgezeichnet hatte: (Extrem) rechte Medien wie AUF1 (aber auch report24) haben von Beginn an auf Deutschland ausgestrahlt. Den Messungen von „similarweb“3 nach lag Deutschland in den Länderrankings mit einem Anteil von mehr als 50 Prozent auch schon vor der AUF1-Expansion mit eigenem Studio in Berlin und deutschem Personal an der Spitze der Reichweitenmessungen. Bereits zuvor war jedoch der bisherige Reichweitenzenit von AUF1 im Frühjahr 2022 erreicht. „similarweb“ errechnete für die AUF1-Webseite im Februar 2022 1,7 Millionen visits – eine Zahl, die danach bis zu unter 50 Prozent absank. Daran konnte auch der Gang nach Deutschland wenig ändern.

Dass das ebenfalls aus Oberösterreich stammende rechte Medium „report24“ in der Reichweite lange deutlich vor AUF1 lag und ebenfalls in Deutschland das größte Zielpublikum gefunden hatte, wurde überraschenderweise auch in der kritischen Öffentlichkeit nie zur Kenntnis genommen. Vom Label, das angeblich wichtigste „Alternativmedium“ des deutschsprachigen Raums zu sein, profitiert Magnet in aller Regelmäßigkeit, denn es unterstützt sein von Verschwörungsmythen durchtränktes Narrativ, dass mächtige Eliten AUF1-TV abdrehen wollten, weil es ihnen zu gefährlich geworden sei.

Magnet setzt in der Generierung von Finanzen zumindest nach außen auf zwei Säulen: Einnahmen über Spenden und über den im Dezember 2021 gestarteten Webshop. Den russischen Überfall auf die Ukraine und die damit einhergehende Krisenstimmung nützte Magnet, indem er in seinem Shop schnell auf Notfallprodukte setzte, die er wie andere Artikel meistens zu überteuerten Preisen vertickt4 .

Auffällig, jedoch nicht überraschend ist, dass Magnet in der gesamten Konstruktion von und rund um AUF1 maximale Intransparenz walten lässt: Es gibt keinerlei Angaben darüber, wie sich AUF1 tatsächlich finanziert und wie Mittel verwendet werden, dafür aber im Hintergrund zwei Vereine und drei GmbH, die sich fest in der Hand der Familie Magnet befinden.

Im AUF1-Trägerverein fungiert Stefan Magnet als Obmann, als Vize Andreas Retschitzegger, mit dem Magnet nicht nur die gemeinsame Vergangenheit beim neonazistischen „Bund freier Jugend”5 teilt – Retschitzegger ist seit 2022 auch Programmchef von AUF1. Abgelöst in der Vereinsfunktion hat Retschitzegger Jürgen Franzelin, der dafür zum Obmann im AUF1-Unterstützerverein avancierte. Der ehemalige FPÖ-Politiker Franzelin fiel einst auf, weil er als Kunde des neonazistischen „Nationales Versandhaus“ geoutet6 wurde. In einem Interview7 bestätigte Franzelin standfest: „Ich werde da nächstes Mal sicher wieder bestellen.“ Franzelins Stellvertreter im Verein ist Stefan Magnets Bruder Florian Magnet, der wiederum Manfred Magnet nach wenigen Monaten im Amt beerbt hat.

Auch bei den drei GmbH dominiert der Name Magnet. Stefan ist bei der „4MT Holding GmbH“ alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer und hat darin Bruder Florian abgelöst. Die „4MT Holding“ ist Inhaberin der „Media in res Medien GmbH“, über die die Geschäfte des AUF1-Shop laufen. Daneben wurde im Herbst 2022 die „KAUF1 GmbH“ gegründet: Geschäftsführer ist Florian Magnet, alleiniger Gesellschafter wieder die „4MT Holding GmbH“. Die Einnahmen aus dem Shop fließen also direkt in die „4MT Holding GmbH“ des Stefan Magnet. Der Gewinn daraus dürfte allerdings nicht mehr so üppig sprudeln, wie es im vergangenen Jahr war, denn die Zahl der „vistis“ auf der Shop-Website ist laut „similarweb“ auf ein Drittel und monateweise auch deutlich darunter eingebrochen. Keine Rolle in den Vereinen und GmbH spielt Elsa M. – zumindest nicht laut den öffentlich einsehbaren Dokumenten. Die ehemalige Chefredakteurin des Ende 2022 untergegangenen ultra-rechten "Wochenblick" tritt bei AUF1 bis dato als Elsa Mittmannsgruber auf. In einem kürzlich ausgestrahlten Interview8 , in der Thomas Eglinski die AUF1-„Frontfrau“ nach dem Motto, „Was sie schon immer über Elsa Mittmannsgruber wissen wollten“, befragen durfte, verriet Mittmannsgruber zwar, dass sie schwanger ist, aber nicht, dass sie die Ehefrau von Stefan Magnet ist und offiziell auch den Nachnamen Magnet führt. Diese besondere Note wird wie die Vereins- und GmbH-Funktionen im AUF1-Familybusiness beharrlich verschwiegen. Die Magnets werden wissen, warum.